Sonntag, 28. September 2014

Naalbinding Teil 1



Wenn ich irgendwo im Wartezimmer sitze oder woanders warten muss, dann packe ich meistens mein Strick- oder Häkelzeug aus. Oft werde ich dann komisch angesehen, weil die meisten Leute finden, dass Handarbeit altmodisch ist. Das sind ja Techniken, die man im Mittealter verwendet hat. Tja, leider falsch gedacht! Solange wie die meisten Leute denken, gibt es Häkeln und Stricken noch gar nicht. Erst Ende des 13. Jhd. kam das Stricken nach Mitteleuropa – Nordeuropa sogar noch viel später – und wurde auch zu dieser Zeit nur für dekorative Dinge genutzt. Z.B. um Schriftzüge einzuarbeiten oder für Schutzsymbole. Erst im 15. Jhd. wurden tatsächlich gestrickte Kleidungsstücke gefunden. Und das auch hier nur in den gehobenen Schichten.
Erst während der industriellen Revolution erlangte es seine spätere Bedeutung, da es sich im Gegensatz zu den vorherigen Techniken wesentlich leichter maschinell fertigen ließ. Das Häkeln wurde noch viel später erfunden. Erst um 1800 herum. Wie man sieht, sind Handarbeiten doch nicht so „mittelalterlich“ ;)

Eine dieser alten Techniken, die auch sehr weit verbreitet war, nannte sich Nadelbinden. Das skandinavische Wort dafür ist „Naalbinding“. Für diese Technik braucht man eine Art große Stopfnadel. Diese kann aus Holz, Knochen oder Horn sein.
Auf den Mittelaltermärkten habe ich schon oft gehört, wie dort von „Wikinger-Stricken“ gesprochen wird. Was aber ja nicht richtig ist! Es hat mit Stricken überhaupt nichts zu tun. Die Verarbeitung und auch die Eigenschaften des entstehenden Gewebes sind total verschieden. Außerdem ist diese Technik keinesfalls die Erfindung der Wikinger. Die ältesten Funde von nadelgebundenen Stoffstücken sind über 9000 Jahre alt. Es gibt im Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens sogar Nadeln, die über 10.000 Jahre alt sind, und aufgrund ihrer Form mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für Naalbinding genutzt wurden.
Das nadelgebundene Gewebe kann man, im Gegensatz zu gestricktem/gehäkeltem, nicht wieder auftrennen. Das ist natürlich ein Nachteil, wenn man irgendwo einen Fehler entdeckt hat oder das Teil nicht passt. Aber, wenn man etwas ausbessern möchte, dann kann man einfach ein Teil abschneiden und neu annadeln.
Das ist deswegen so, weil bei jedem Stich der ganze Faden durchgezogen wird. Man kann auch nur mit einer bestimmten Länge Faden arbeiten, und, wenn er aufgebraucht ist, dann muss man einen neuen Faden anfilzen. Nicht wie beim Stricken und Häkeln, wo man mit einem fortlaufendem Faden arbeiten kann.
Es dauert natürlich so auch länger ein Kleidungsstück herzustellen, aber dafür sind sie länger haltbar.





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